Bericht

10 Jahre Apollo und Beyond: Bericht vom Aktionstag in Speyer mit Fred Haise, Ulf Merbold und Thomas Reiter

 

10 Jahre Raumfahrtausstellung Apollo und Beyond, dieses Jubiläum feierte das Technik Museum Speyer am Sonntag, 14. Oktober 2018 mit einem großen Raumfahrt Aktionstag.

Die riesige Raumfähre „Buran“ ist schon ein grandioser Hintergrund für die Bühne in der Raumfahrthalle, in der sich hunderte begeisterte Besuchern eingefunden haben und sich auf das Kommen der Astronauten Ulf Merbold, Thomas Reiter und „Apollo 13 Pilot“ Fred Haise freuen.

Der Präsident des Technik Museums Hermann Layher, der Bürgermeister von Speyer Hansjörg Eger und der Generaldirektors der ESA Johann-Dietrich Wörner geben zu Beginn kurze Grußworte an das Auditorium. Testpilot Felix Baumgartner, bekannt geworden durch seinen Stratosphärensprung, ist ebenfalls anwesend.

 

Ulf Merbold

Ulf Merbold

Ulf Merbold beginnt als Erster mit seinem Vortrag über seine Forschungsreisen ins Weltall. Er ist als einziger Deutscher (insgesamt 49 Tage) schon drei Mal dort gewesen. An Bord des Space-Shuttle betreut er 1983 als Wissenschaftler das Spacelab, d.h. er ist für die Experimente an Bord verantwortlich. Sie müssen unter großem Zeitdruck durchgeführt werden. Zeit ist Geld und die mitgebrachten Vorräte an Essen und Luft sind endlich.

Die Entwicklung des „Weltraumlabors“ als Europäischer Beitrag zur Weltraumission beeinflusst  entscheidend und nachhaltig die zukünftige Zusammenarbeit zwischen NASA (Amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde) und ESA (Europäische Weltraumorganisation). Ulf Merbold findet für den Start und die unglaubliche Beschleunigung fast keine Worte. In 8,5 Minuten ist das Raumschiff auf seiner Umlaufbahn in der Stratosphäre. Er lobt das Spacelab, da es auch unter extremer Belastung immer gut und verlässlich funktioniert hat. Bei medizinischen Experimenten ist der Astronaut gleichzeitig Doktor und „Versuchskaninchen“ d.h.  man muss als solches Blut- und Urinproben abgeben.

NASA und ESA teilen sich die wissenschaftlichen Ressourcen. Die ESA macht eher mehrere kleinere  Experimente. Die NASA führt dafür wenige größere Experimente durch.  Er ist der erste deutsche Astronaut, den die NASA mitgenommen hat. Bei seiner Auswahl unter Tausenden hat er mehr Glück als Vermögen gehabt, erzählt der Astronaut „im Ruhestand“, der ursprünglich aus Thüringen stammt und jetzt bei Stuttgart lebt. Um eine optimale Zeit-Arbeit-Auslastung zu gewährleisten, gibt es einen 24-Stunden-Schichtbetrieb, wobei Merbold oft in der „Nacht“ gearbeitet hat.

Knappe zehn Jahre später fliegt er 1992 mit der Raumfähre Discovery erneut ins All, um in der Schwerelosigkeit weiter zu forschen. 1994 arbeitet er als erster ESA Astronaut einen Monat lang in der russischen Raumstation Mir und führte dort rund 30 weitere Experimente durch. Die Sojus Kapsel TM-19, mit der er wieder auf der Erde gelandet ist, steht ebenfalls in der Weltraumhalle in Speyer.

 

Wie die Ausstellung entstand…

 

Ausstellungsleiter Gerhard Daum erzählt gemeinsam mit dem ehemaligen deutschen Botschafter von Bahrain Dr. Hubert Lang davon, wie die Raumfähre „Buran“ ins Technik Museum Speyer gelangt ist: Das Buran Raumfahrtprogramm ist die sowjetische Antwort auf die Entwicklung des Space Shuttles – es ist mit der „Buran Prototyp OK-GLI “ jedoch „nur“ zu Test-Atmosphärenflügen gekommen und das Buran-Programm ist 1993 eingestellt worden. Sie ist im Jahr 2000 bei den Olympischen Spielen ausgestellt worden und geht als Ausstellungsstück auf eine achtjährige Odyssee durch mehrere Länder. In Bahrain „strandet“ sie für mehrere Jahre. Mit Unterstützung von Botschafter Dr. Hubert Lang, der sich u.a. beim König von Bahrain für Herrn Daum eingesetzt hat, wird sie über ihn fürs Technik Museum Speyer 2003 erworben und Jahre später nach vielen weiteren Verhandlungen in einem spektakulären 39 Tage währenden Transport dorthin gebracht. Da die Raumfahrthalle noch nicht fertiggestellt ist, wird sie zunächst nur davor „geparkt“ und erst später endgültig zusammengebaut.

Ausstellungsleiter und Initiator Gerhard Daum ist Raumfahrtsjournalist und interessiert sich schon seit Kindertagen für die Raumfahrt. Er hat als Kind einen Brief an Wernher von Braun geschrieben und diesen von der Presseabteilung der NASA auch beantwortet bekommen. Seitdem sammelt er nebenberuflich alles was mit Raumfahrt zu tun hat. Er ist z.B. bei 55 Spaceshuttle-Starts akkreditiert gewesen.

Der begeisterte Sammler hat vor 14 Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht und einen Platz für seine umfangreiche Anzahl an Ausstellungsstücken gesucht. Im Rhein-Main Gebiet nicht fündig geworden, stößt er glücklicherweise kurz darauf auf das Technik Museum Speyer. Das Museum bietet seine Räumlicheiten, seine Infrastruktur und seine Werbemöglichkeiten. Gerhard Daum bringt seine europaweit einmalige Sammlung, sein Netzwerk bzw. seine Verbindungen zur ESA und sein Know-how ein. Für beide Partner eine erfolgreiche Win-win Situation. 50 Astro- und Kosmonauten waren seitdem schon vor Ort. Mit Ulf Merbold hat Gerhard Daum übrigens als junger Journalist sehr aufgeregt sein erstes Interview geführt.

 

Thomas Reiter

Thomas Reiter

Thomas Reiter hat als Astronaut insgesamt 350 Tage auf der Mir und der ISS verbracht. Er stellt anfänglich den Zuschauern die Aufgabenbereiche der ESA vor. Sie entwickeln neue Technologien (z.B. Simon den fliegenden Roboter in Form eines Fußballes), beobachten die Erde mit Satelliten (Klima…) … und beschäftigen sich mit der bemannten Raumfahrt. Er zeigt in einem Film einen Kameraflug durch die ISS und erzählt begeistert von seinen Erinnerungen und wunderschönen Ausblicken auf die Erde.

Zum Schluß lässt er das Publikum noch an seinen Träumen und Visionen teilnehmen. Er stellt sich die Rückseite des Mondes als eine Art Aussichtsplattform ins All bzw. als Sprungbrett für künftige Raumfahrten vor. Er erzählt vom „Orion Service Modul“ welches eine Art Zwischenstation zum Mond sein soll. Dort könnten auch Raumfähren zusätzlich betankt werden. Außerdem soll der Mars weiter erschlossen werden. Eine Sonde zum Merkur wird zudem in Kürze auf den Weg gebracht.

 

Apollo 13 Astronaut Fred Haise

Fred Haise

Als Höhepunkt betritt der heutige Ehrengast, Testpilot und Astronauten-Urgestein Fred Haise die Bühne. Er hatte in seinen jungen Jahren an der Mondmission „Apollo 13“ als Pilot teilgenommen, die bekanntermassen leider aus technischen Gründen misslang. Mit großem Aufwand aller Beteiligten und einer Portion Glück konnten alle drei Besatzungsmitglieder (Jim Lovell, Jack Swigert und Fred Haise) wieder auf die Erde zurückgebracht werden.

Mit Standing Ovations wird Fred Haise in der Halle begrüßt. Anfänglich fragt er das Publikum, wer denn den Film „Apollo 13“ gesehen hätte, woraufhin sich die überwiegende Anzahl der Zuschauer meldet. Er erzählt, unterstützt durch Fotos und Filmaufnahmen, aus seiner Sicht von der Unglücksfahrt. Auf die Frage, ob der Film realistisch umgesetzt worden ist, antwortet er, dass sie von den Ausbildern sehr gut auf die Reise vorbereitet worden seien. Es hätte jedoch viel mehr Mitarbeiter in Houston gegeben und das Rauchen in der Bodenstation sei verboten gewesen.

Um Gewicht zu sparen, wurde nur das Nötigste mitgenommen. So war weißes Papier im Raumschiff sehr rar. Notgedrungen sind  Berechnungen für die Rückfahrt auf allem gemacht worden, worauf man schreiben konnte. Obwohl er nicht auf dem Mond landen konnte, sei er froh, immerhin einmal die Rückseite des Mondes gesehen zu haben. Die meisten Orte dort würden jedoch schon russische Namen tragen. Er hätte bei der Berechnung des riskanten Landekorridors gemerkt, wie wichtig es ist, Mathematik zu beherrschen und in der Schule aufzupassen. Unter großem Applaus verabschiedet er sich vom Publikum.

Ein aufregender Tag im Technik Museum Speyer geht zu Ende. Wir sind schon sehr gespannt auf die nächsten Projekte.

 

Weiterführende Links

Technik Museum Speyer: https://speyer.technik-museum.de/
Felix Baumgartner: http://felixbaumgartner.com/

Fotos: Markus Wissmann, Text: Tobias Böhm