Bericht

Die Botschaft des Mutes: Roberto Saviano über Giovanni Falcone und den Kampf gegen die Mafia

 

Roberto Saviano, bekannt durch seinen Weltbestseller Gomorra, ist das Gesicht des internationalen Kampfes gegen die Mafia. In seinem aktuellen Roman Falcone stellt er das Leben des berühmten Anti-Mafia-Ermittlers Giovanni Falcone in den Mittelpunkt und beleuchtet dessen Mut und Ängste. Saviano zeigt, dass Mut oft einsam ist und dass die Akzeptanz von Angst eine wichtige Rolle spielt.

Angst als Schutz

Auf der Frankfurter Buchmesse erklärt Saviano, dass er an Falcone interessiert ist, weil „Angst nicht etwas Negatives“ ist. Er beschreibt, wie Angst uns hilft, uns selbst zu schützen: „Also muss man die Angst annehmen, natürlich.“ Für Saviano ist Mut das Streben, unabhängig von den Folgen zu handeln. „Mut gehört uns selbst, sind wir selbst“, sagt er. Falcone, der trotz seiner Ängste weiter kämpfte, wird von Saviano als jemand dargestellt, der nie seinen Werten untreu wurde, selbst wenn er oft allein war.

Das Leben eines Lebenslustigen

Falcone, so Saviano, war nicht nur ein mutiger Kämpfer, sondern auch ein lebenslustiger Mensch, der das Leben in vollen Zügen genoss. Er schätzte gute Gesellschaft und gutes Essen – „eine Vorliebe hat für Pasta mit Seeigel“. Diese Lebensfreude war für Falcone eine Motivation im Kampf gegen die Mafia. „Es ist gerade die Liebe zu seinem Leben, dass er so gerne lebt, dadurch, daraus zieht er seine Überzeugung, dass er Feind sein muss gegen die Kriminalität.“

Saviano reflektiert auch über die Philosophie der Mafia, die das Leben als Drama betrachtet, in dem der Tod einfach Teil des Daseins ist. Für Falcone war es entscheidend, das Glück und die Freude am Leben zu fördern, um gegen diese nihilistische Denkweise zu kämpfen. „Wenn du in solchen Organisationen bist, dann ist der Tod schlicht und ergreifend Teil deiner Rolle als Mafioso“, erklärt Saviano.

Die Realität der Gewalt

Saviano teilt auch persönliche Erfahrungen aus seiner Kindheit, die ihn stark prägten. Er erinnert sich an den ersten Mord, den er als Kind miterlebte, und wie dies seine Sicht auf das Erwachsenwerden beeinflusste. „Ich konnte es nicht erwarten, wirklich groß zu werden, wie alle kleinen Jungs“, sagt er. Diese Erlebnisse formen seine Perspektive auf das Leben in einer von Gewalt geprägten Umgebung und verdeutlichen die Normalität von Gewalt für viele Jugendliche.

Der Roman als tiefere Erzählform

Anstatt eine Biografie zu schreiben, wählte Saviano die Form des Romans, um in das Herz von Falcone einzudringen. Er betont: „Ein Sachbuch hätte mich natürlich irgendwie an der Grenze aufhören lassen müssen.“ Durch die Romanform kann Saviano die Intimität und Komplexität von Falcones Leben erfassen und den Lesern näherbringen.

Saviano beschreibt Falcone nicht nur als Held, sondern auch als einen Mann, der in seinem Kampf gegen die Mafia oft allein und unverstanden war. „Er war wirklich allein“, sagt Saviano, was die Tragik seiner Geschichte unterstreicht.

Einsamkeit des Mutes

Zuletzt reflektiert Saviano auf der Frankfurter Buchmesse auch über die Einsamkeit des Mutes. „Der Mut ist einsam, vor allem weil er nicht anerkannt wird.“ Er hebt hervor, dass wahre Mutentscheidungen oft nur vom Betroffenen selbst erkannt werden. „Um Giovanni Falcones Mut entsprechend feststellen zu können, haben die meisten Leute sein Blut sehen müssen“, führt er aus. Diese Einsamkeit ist ein zentrales Thema in Falcones Leben, das Saviano eindringlich darstellt.

Literatur als Heilmittel

Saviano spricht auch über seine eigene Angst und wie Literatur ihm hilft, damit umzugehen. „Panik ist leider ein Problem in meinem Leben“, gesteht er. Literatur wird für ihn zu einem Heilmittel: „Schreiben und lesen bedeutet für mich, dass ich mich wirklich unsterblich fühle.“ Diese Leidenschaft für die Literatur und das Leben anderer gibt ihm die Kraft, weiterzumachen, trotz der ständigen Bedrohungen, die er erlebt.

Roberto Saviano beendet das Interview mit einem eindringlichen Appell, die eigenen Werte zu leben und sich nicht von der Angst beherrschen zu lassen. Seine Arbeit und der Mut, den er und Falcone zeigen, sind inspirierende Botschaften für alle, die für Gerechtigkeit und Wahrheit kämpfen.