Mit über 50 Jahren als Autor beim renommierten Luchterhand Verlag und als Träger der Ehrenmedaille des Kantons Zürich gehört Franz Hohler zu den bekanntesten Erzählern und Kabarettisten der Schweiz. Auf der Frankfurter Buchmesse gibt er einen faszinierenden Einblick in sein neuestes Buch „Franz Hohler and Friends“, in dem er literarische Porträts seiner Lebensbegleiter aus verschiedenen Kunst- und Kulturszenen vereint.
Weggefährten und WG-Gedanken
In seiner Sammlung „Franz Hohler and Friends“ beleuchtet Hohler die Persönlichkeiten, die ihn künstlerisch und persönlich geprägt haben. Auf die Frage, mit wem er sich eine Wohngemeinschaft hätte vorstellen können, antwortet er humorvoll: „Vielleicht tatsächlich mit Emil […] wenn sie jetzt so fragen, denke ich mit ihm gäbe es auch keinen Streit wegen des Kühlschranks oder wer die Pfannen abwäscht.“ Emil sei einer seiner ersten und engsten Weggefährten gewesen, für dessen erstes Plattencover er einst einen Text schrieb. Schon beim ersten Zusammentreffen hätten die beiden „so gleich verstanden“, dass er sich ein harmonisches Zusammenleben gut vorstellen könne.
Literarische Begegnungen und prägende Momente
Im Laufe seiner Karriere hat Hohler viele Künstler und Literaten getroffen und sich in seinen Texten mit deren Leben und Werk auseinandergesetzt. Dazu zählen bedeutende Schweizer Schriftsteller wie Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch, aber auch deutsche Künstler wie Loriot, Wolf Biermann, und Hans-Dieter Hüsch. Der Gedanke, sie alle in einem Buch zu vereinen, entstand aus dem Wunsch, „eine Art Großfamilie“ zu schaffen, so Hohler. Dieses Buch sei daher nicht nur eine Sammlung von Texten, sondern auch ein Spiegel seiner eigenen Entwicklung als Autor und Mensch.
Eine der wohl beeindruckendsten Begegnungen hatte Hohler mit Friedrich Dürrenmatt, den er hoffnungsvoll besuchte, um ein eigenes Stück vorzustellen. Doch nach einer wortgewaltigen Präsentation seines Werkes fasste Dürrenmatt zusammen: „Ja, das ist Othello, fünfter Akt.“ In diesem Moment wusste Hohler, dass sein Stück wohl nie aufgeführt werden würde, und er fasste den Entschluss, sich nie wieder „unter die Türschwelle von Berühmtheiten“ zu begeben, sondern zu warten, bis andere zu ihm kämen.
Abenteuerliche Freundschaften und mutige Aktionen
Eine enge Freundschaft pflegte Hohler auch mit dem ostdeutschen Liedermacher Wolf Biermann. In einer Zeit, als Biermann von der DDR-Regierung stark eingeschränkt wurde, reiste Hohler nach Ostberlin, um ein Interview mit ihm zu führen. Diese Begegnung führte zu einer ungewöhnlichen Bitte: Biermann bat ihn, beim nächsten Besuch 400 Westmark für ihn über die Grenze zu schmuggeln. „Ich habe 400 D-Mark zwischen Socke und Schuhsohle platziert und bin damit drüber spaziert,“ berichtet Hohler, der die Grenzkontrolle mit einer Dose Earl Grey ablenkte und so unentdeckt blieb.
Ein literarischer Rückblick voller Emotionen und Dankbarkeit
Mit großer Bewunderung spricht Hohler auch von Wegbegleitern wie Hans-Dieter Hüsch, der wie ein „eigener Planet“ war. Hüsch habe auf der Bühne eine unglaubliche Vitalität entwickelt, und Hohler erinnert sich, wie er bei einer Veranstaltung für Hüschs Auftritt seine eigene Nummer kürzte – ein Zeichen tiefen Respekts und Freundschaft. „Für Hildebrandt würde ich jederzeit eine Nummer von mir kürzen“, sagt er.
Sein Buch ist jedoch nicht nur ein Name-Dropping berühmter Persönlichkeiten. Hohler porträtiert auch weniger bekannte Menschen, die ihm in entscheidenden Momenten begegneten und ihn nachhaltig beeinflussten, wie seinen Mitschüler und Schriftstellerkollegen Peter Bixl. Diese Begegnungen seien ein wichtiger Teil seines Lebens, erklärt Hohler, und die Geschichten über sie fügten sich zu einem Kaleidoskop aus Erinnerungen, das sein eigenes Leben widerspiegelt.
Ein Leben ohne Sicherheitsnetz – der Dank des freien Geistes
Abschließend reflektiert Hohler über sein Leben als freischaffender Künstler und Kabarettist. Ohne „Sicherheitsnetz“ und ohne das „berühmte Diplom“ sei er schon mit 22 Jahren auf die Bühne gegangen und habe nie zurückgeblickt. Diese Freiheit habe ihm viel bedeutet und ihm die Möglichkeit gegeben, stets seinen eigenen Weg zu gehen. Mit einem Augenzwinkern beschreibt er den Unterschied zwischen dieser Freiheit und einem geregelten Berufsleben anhand von Loriots „Jodl-Diplom“: „Dann hast du doch was sicheres, wenn irgendwas ist, habe ich doch mein Jodl-Diplom.“
In „Franz Hohler and Friends“ wird Hohlers reicher Schatz an Geschichten und Erinnerungen lebendig. Sein Buch ist eine Hommage an die Menschen, die ihn begleitet und inspiriert haben – und damit zugleich auch eine Hommage an das eigene Leben und die Kraft der Begegnungen, die dieses prägen.